Schreiber´s Slim System

SSS = Schlankes System - Schlanker Aufwand - Schlanke Kosten!

Aufwand- und Kostenoptimierung im modernen Marillenanbau

In Zeiten immer teurer werdender Arbeitskräfte wird es für Obstbaubetriebe mit intensiven Kulturen immer wichtiger, die Arbeitskraftstunden zu reduzieren und zunehmend zu mechanisieren. Unter diesem Motto wurde in den Anlagen der Obstbaumschule Schreiber das Slim System entwickelt. Das Wort Slim (=schlank) zieht sich dabei wie ein roter Faden durch das System, denn es ist schlank in der Erziehung, schlank im Aufwand und schlank in den Kosten (S-S-S)

In modernen Marillenanlagen mit Spindelerziehung benötigt man bis zu 90% der Arbeitskraftstunden für die 3 Arbeitsschritte Ausdünnung, Ernte und Schnitt. Deswegen ergibt sich hier auch das höchste Einsparungspotenzial. Nach diesen Gedanken wurde im Slim System der Hebel angesetzt und durch Mechanisierung mit bereits am Markt vorhandenen Maschinen und aus anderen Kulturen bekannten Ansätzen effektiv Kosten eingespart.

Die Neuerungen des Slim Systems bei Marille liegen also im maschinellen Schnitt mittels Baumschneider, der maschinellen Ausdünnung mit Tree Darwin und der maschinell unterstützten Ernte mittels Erntebühnen. Dabei wird stets das System an die vorhandenen Maschinen angepasst.

Der Pflanzabstand im Slim System beträgt 3,5m x 2m, mit einer Baumendhöhe von 3,5m. Dabei wird ein schlanker Baum mit einer maximalen Gesamtbreite von 1m gezogen. Direkt bei der Pflanzung wird ein starker Pflanzschnitt durchgeführt (alle Triebe werden um 50% - 60% eingekürzt) um eine gute Anwuchsrate und genügend Wachstum in den ersten Jahren zu erzielen. Als Unterstützung wird maximal ein Bambusstab neben den Baum eingeschlagen. Ziel der ersten Jahre ist es, die Fruchtwand möglichst schnell zu schließen, um ein hohes Ertragspotenzial zu schaffen. Dabei kann bei ausreichendem Wachstum ab dem 3. Laub maschinell geschnitten werden.

hybriden Foto 1: Das schlanke Slim System mit Bäumen im 8. Standjahr.

Der maschinelle Schnitt

Besonders gut können sich hier neue Sorten mit hoher Fruchtbarkeit (auch Selbstfruchtbarkeit) adaptieren. Bei alten Sorten wie z.B. der Ungarischen Beste könnte sich ein zu früher maschineller Schnitt negativ auf das Ertragsverhalten auswirken, da diese am einjährigen Langtrieb nicht ausreichend fruchtbar sind.

Der beste Schnittzeitpunk ist dabei das Stadium der weißen Knospe. Das hat sich in Schnittversuchen der Obstbaumschule Schreiber über das ganze Jahr herausgestellt, da zur weißen Knospe bis zur Vollblüte die beste Wundverheilung erzielt wird. In trockenen Herbstjahren kann auch ein Schnitt Anfang – Mitte September durchgeführt werden.

weisse-knospe Foto 2: Im Stadium der weißen Knospe bis zur Vollblüte zeigt die Marille die beste Wundverheilung.

Mit Baumschneidern kann ein Hektar in ca. 3 - 4 Arbeitskraftstunden geschnitten werden. Auf händischen Nachschnitt kann auch im Slim System nicht gänzlich verzichtet werden, wenn man Top-Qualitäten erzielen möchte. Durch die schlanke Fruchtwand ist aber ein Großteil des Fruchtbehangs sehr gut belichtet und erreicht eine gute Fruchtqualität mit guter Ausfärbung, so dass nicht jedes Jahr nachgeschnitten werden muss. Alle 2 – 4 Jahre sollten jedoch händische Korrekturmaßnahmen durchgeführt werden. Dabei werden im inneren der Wand quer- und nach innen wachsende Triebe heraus- oder auf lebendige Stummel (mind. 10 cm) geschnitten um eine gute Belichtung aller Baumelemente zu gewährleisten. Dieser Aufwand sollte sich auf maximal 50 Arbeitskraftstunden/ha und Jahr belaufen.

Für den händischen Schnitt in einer Spindelanlage (4 x 2) werden ca. 130 AKh/ha benötigt. Für den maschinellen Schnitt mit händischem Nachschnitt (jedes 2. Jahr) benötigt man max. 54 Stunden/ha und Jahr. In dieser Aufstellung ist ein Nachschnitt von 100 AKh/ha jedes 2. Jahr aliquot auf jedes Jahr aufgeteilt.

Eckdaten zu allen folgenden Berechnungen:

  • Betriebsgröße: 10 ha
  • Ertrag pro ha: 12.000 kg / 18.000 kg / 24.000 kg
  • Kosten pro AKh: 12 €
  • Kosten pro Traktorstunde: 52 €
  • Reparatur und Wartungskosten nach ÖKL - Richtlinien (Stand 2014)

berechnung-baumschnitt Tabelle 1: Zeigt die Ausgangswerte und kalkulatorische Kennzahlen zum mechanischen Schnitt im Slim System (vgl. Spindel).

Der maschinelle Schnitt funktioniert bei Marillen besonders gut aufgrund ihrer vielen Adventivknospen. Diese treiben nach starken Schnitteingriffen aus und sorgen dadurch für eine rasche Wundverheilung und gesunden Wuchs. Auch nach 13 Jahren des maschinellen Schnitts konnten bei der sonst so empfindlichen Marille nicht mehr Baumausfälle als in händisch geschnittenen Anlagen beobachtet werden.

Das maschinelle Ausdünnen

Heute gibt es mehrere Möglichkeiten des maschinellen Ausdünnens (Tree Darwin, Ericius 3000, Eclairvale, Typ Bonn, Electro’flor,..). Bei der Wahl der Ausdünnmethode sollte man aber beachten, ob man sein System der Maschine oder umgekehrt anpassen möchte. So ist das Tree Darwin Gerät bei schlanken Spindelanlagen und im Slim System für kleine und mittelgroße Betriebe die erste Wahl, bei Hohlkrone aber nicht effektiv genug einsetzbar, deswegen fällt hier die Wahl auf andere Methoden. Vor allem in Mittel-und Großbetrieben ist der Einsatz von Maschinen wie Ericius 3000 oder Eclairvale interessant. Mit diesen ist nicht nur eine Blütenausdünnung, sondern auch eine Fruchtausdünnung möglich. Dies bringt vor allem in Jahren in denen eine Blütenausdünnung wegen vorhergesagtem Frost nicht möglich ist große Vorteile mit sich.

In Kombination mit dem schlanken Schnitt des Slim Systems erreichen die Ausdünnmaschinen ihre bestmögliche Effektivität und Auslastung, da die Fäden oder Stäbe näher zur Baummitte eindringen als bei Spindel oder Hohlkrone. Für die Ausdünnung mit Tree Darwin oder Ericius 3000 benötigt man 2 -3 Arbeitskraftstunden/ha und minimiert dadurch die händische Nacharbeit. Anders als beim maschinellen Schnitt kann auf eine jährliche händische Korrektur beim Ausdünnen – außer in Frost oder Alternanzjahren - nicht verzichtet werden.

Braucht man bei selbstfruchtbaren, sehr reichblühenden Marillensorten bis zu 400 Stunden/ha bei händischer Ausdünnung, so können diese durch den effektiven Einsatz von Tree Darwin oder Ericius 3000 auf ca. 70 - 150 Stunden gesenkt werden.

berechnung-ausdunnen Tabelle 2: Zeigt die Ausgangswerte und kalkulatorische Kennzahlen zur mechanischen Ausdünnung im Slim System (vgl. Spindel).

Auch in schlanken Spindelanlagen und kleineren Betrieben kann sich das Tree Darwin Gerät in wenigen Jahren amortisieren! Größere Maschinen wie Ericius 3000 oder Eclairvale bringen Anschaffungskosten von ca. 30.000€ oder mehr mit sich und sind deshalb erst ab einer Betriebsgröße von ca. 10ha interessant.

Marillen sind besonders gut für die maschinelle Ausdünnung zur Blüte geeignet, da sie anders als bei anderen Obstarten, zu diesem Zeitpunkt noch keine Blätter gebildet haben.

darvin Bild 5: Selbst nach einer starken maschinellen Ausdünnung verbleiben bei sehr fruchtbaren Sorten zu viele Blüten am Baum. Auf händische Korrekturen kann nicht verzichtet werden.

Durch den frühen Ausdünnzeitpunkt zur Blüte reduziert man den Stress des Baumes und steigert den Ertrag im Vergleich zu späteren Ausdünnzeitpunkten. Bereits wenige Tage nach der Bildung der ersten Blätter kann man beobachten, dass in der Blüte stark ausgedünnte Bäume bereits mehr Blattmasse aufweisen als zu diesem Zeitpunkt nicht ausgedünnte Varianten. Jeder Tag, der früher ausgedünnt wird, steigert die Fruchtqualität und den Ertrag. Zusätzlich wird der Stress des Baumes minimiert.

Wenn ein Betrieb die Anschaffungskosten für eine Ausdünnmaschine scheut, kann auch eine rein händische Ausdünnung während der Blüte Zeit sparen. Durch das Abstreifen der Blüten mit 2 Fingern reduziert man diese deutlich schneller, als später kleine Früchte entfernt werden können. Für Überkopfarbeiten in Anlagen mit bis zu 3,5m Baumhöhe können Straßenbesen zur Blütenreduktion eine Lösung darstellen. Dadurch kann der Einsatz von Schlitten, Bühnen oder Leitern als Hilfsmittel reduziert werden. Hierbei werden nicht nur Arbeitszeit und Anschaffungskosten eingespart, sondern auch das Unfallrisiko minimiert.

grosser-besen Foto 6: Das Ausdünnen mit Straßenbesen zur Blüte kann eine kostengünstige Alternative zu anderen Hilfsmitteln darstellen.

Das größte Risiko in dieser Arbeitsweise stellt die Spätfrostgefahr dar. Vor allem kurz nach einer mechanischen Ausdünnung könnte Spätfrost zu enormen Ertragsverlusten und der Unwirtschaftlichkeit einer Marillenanlage in diesem Jahr führen. Bis zu 10 Tagen im Voraus können die Wetterereignisse bereits gut abgeschätzt werden. Wenn vom Zeitpunkt der Vollblüte bis 1 Woche danach keine Frostereignisse vorausgesagt werden, kann man in der Blüte mit ruhigem Gewissen ausdünnen.

Das Jahr 2012 brachte am Standort Poysdorf eine sehr späte Frostnacht am 18. Mai mit sich. In diesem Jahr zeigten die in der Blüte ausgedünnten Varianten geringere Frostschäden als kurz davor händisch ausgedünnte. Marillen an zur Blüte ausgedünnten Bäumen wirkten robuster als gestresste Bäume, welche später ausgedünnt wurden. Das ist auf den größeren Blattstand und die bessere Fruchtentwicklung zurückzuführen. Dieses Phänomen sollte aber noch bestätigt werden. Ein Restrisiko bleibt immer bestehen.

Die maschinell unterstütze Ernte

Mit schlanken Fruchtwänden kann auch die Ernte besser mechanisiert werden. Tafelmarillen werden aber noch weiterhin von Hand gepflückt werden müssen. Die Ernteleistung kann dabei durch die Verkürzung von Hand- und Fußwegen am meisten gesteigert werden.

Standard im österreichischen Marillenanbau ist die Ernte vom Boden bzw. mit Pflückschlitten oder Leitern. Dabei werden meist Pflückkörbe, welche um die Schultern und vor den Bauch gehängt werden, eingesetzt. Dadurch wird die Ernte teilweise blockiert. Schwere Pflückkörbe oder Kisten kosten Kraft und Konzentration. Zusätzlich müssen diese oft in ein weiteres Gebinde zur Lagerung / zum Verkauf umgeschüttet werden. Dabei können Druckstellen und Verletzungen entstehen, welche zu Ernte- und Lagerverlusten führen.

An die Marille angepasste, mechanische Hilfsmittel sind am Markt schwer zu finden, da die meisten vorhandenen für den Kernobstanbau hergestellt werden. Diese sind auf eine Ernte in Großkisten ausgelegt und daher für Marillen, welche kleinere Erntegebinde benötigen, nur bedingt nutzbar. Speziell für die Marille und anderes Steinobst ist ein Erntewagen der Fa. Fuhrmann entwickelt worden.

erntewagen Foto 7: Erntewagen der Fa. Fuhrmann

Dieser verfügt über einen sehr flexibel einsetzbaren Erntesteg. Ausgefahren in die Reihe, dient er als Trittplattform während der Ernte. Weiters kann er hydraulisch zum Erntewagen gekippt werden und eine Bordwand zur Ladegutsicherung bilden. Der Steg kann auch an den Boden, neben die Reifen geschwenkt werden, um mittels Gabelstapler möglichst schnell 5 Europaletten ab- und aufladen zu können. Geerntet wird in Kisten, welche in einen Sicherungsbügel eingehängt werden können. Dadurch schafft man den kürzesten Ernteweg, hat immer beide Hände frei um zu pflücken und ermüdet langsamer, weil das Gewicht der geernteten Früchte nicht vom eigenen Körper getragen werden muss.

Der logistische Aufwand während der Ernte wird zusätzlich verringert, da sich alle Kisten direkt hinter der Trittplattform befinden und dadurch kein extra Arbeitsgang zum Verladen oder Nachliefern von Kisten am Feld benötigt wird. Durch den Einsatz von Erntebühnen konnte die durchschnittliche Ernteleistung von 28kg/h bei der Ernte mit Pflückschlitten auf 47kg/h gesteigert werden.

kostenaufstellung-ernte Tabelle 3: Zeigt die kalkulatorischen Ausgangswerte für eine Berechnung der Erntekosten.

berechnung-ernte Tabelle 4: Zeigt die kalkulatorischen Kennzahlen zur maschinell unterstützten Ernte im Slim System.

Weitere Optimierungsmöglichkeiten

Eine Schlanke Fruchtwand mit wenig Unterstützungsmaterial kann noch weitere Optimierungsmöglichkeiten mit sich bringen. Z.B. wird der Einsatz von Tunnelspritzen möglich. Speziell in Junganlagen kann bis zu 90% der eingesetzten Spritzbrühe zurückgewonnen werden. In älteren Anlagen kann weiterhin rund 50%, im Frühjahr noch mehr recycelt werden.

tunnelspritze Bild 8: Durch die Erziehung einer schlanken Fruchtwand kann der Einsatz von Tunnelspritzen ermöglicht werden.

Durch das Schlagtreffen der Marille kommt es im Laufe einer Ertragsanlage unweigerlich immer wieder zu Baumausfällen. Wenn man ein aufwändiges Unterstützungssystem (mit Drähten) aufgebaut hat, wird dieses bei der Rodung einzelner Bäume zum Problem. Das „Befreien“ der Bäume kostet viel Zeit und Geld. Einfach kann man die Rodung ohne Unterstützung gestalten. Hier kann ein unkomplizierter Rückschnitt des Baumes bis auf den Stamm erfolgen und anschließend ein Bagger die Wurzeln entfernen.

bagger-1- Bild 9: Eine Rodung mit Baggern kann Zeit und Kosten sparen.

Zusammenfassung

Durch ständig teurer werdende Lohnkosten wird es auch im Obstbau zunehmend wichtiger zu mechanisieren. Die Marille bietet sehr gute Voraussetzungen dafür. Nach einem mechanischen Schnitt reagiert die Marille mit dem Austrieb von Adventivknospen und sorgt damit für eine rasche Wundverheilung. Durch einen schlanken Schnitt kann die Effektivität von Maschinen zur Ausdünnung und die Ernteleistung durch den Einsatz angepasster Erntebühnen erhöht werden. Zusätzlich können durch frühes Ausdünnen auch höhere Erträge bei gleichzeitig besserer Baumgesundheit erzielt werden. Durch das Slim System können pro Jahr in einem 10ha Betrieb über 17.000€ im Vergleich zu Spindelanlagen an Lohnkosten eingespart werden. In dieser Kalkulation sind eventuell höhere Erträge und eine verbesserte Baumgesundheit noch nicht einberechnet!

gesamtkostenersparnis Tabelle 5: Aufstellung der Lohnkostenersparnis im Slim System (3,5 x 2m) verglichen mit Spindelanlagen (4 x 2m) und einem Ertrag von 12.000kg/ha. Diese Kosteneinsparung ist auf eine Arbeitskraftstundenreduktion von 254 AKh/Jahr und ha zurückzuführen

18k-gesamtkostenersparnis Tabelle 6: Bei höheren Erträgen sinkt das Einsparungspotenzial durch die optimierte Ernte noch weiter. Im Slim System können bei einer Ertragssteigerung von 6.000kg ca. weitere 1.700€ an Erntekosten gespart werden.

24k-gesamtkostenersparnis Tabelle 7: Zeigt das Einsparungspotenzial im Slim System bei Erträgen von 24.000kg/ha in einem 10ha Betrieb.

Durch den Einsatz von modernen Sorten ist es uns im eigenen Betrieb gelungen Durchschnittserträge von ca. 24.000kg/ha zu erzielen. Das Einsparungspotenzial liegt dabei bei über 2.000€ pro Hektar und Jahr. Der Deckungsbeitrag ist verglichen mit Spindelanlagen mit 12.000kg pro ha dabei um ein vielfaches höher, da nicht nur Kosten eingespart wurden, sondern auch der Umsatz durch den Mehrertrag deutlich gesteigert werden konnte.

Für eine persönliche Beratung, welche Sorten am besten für dieses effiziente System geeignet sind, kontaktieren Sie uns bitte unter robert@schreiber-baum.at.

gesamtkostenersparnis-statistik Tabelle 8: Zeigt die Arbeitskraftstundenersparnis (254 AKh) durch die maschinelle Optimierung von Schnitt, Ausdünnung und Ernte in Schreiber´s Slim System bei einem Ertrag von 12.000kg/ha

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